Mit einer Grundfähigkeitsversicherung kann man einzelne Fähigkeiten, wie z.B. Gehen, Sitzen, Hören, Schreiben etc. absichern. Bereits, wenn einzelne dieser Fähigkeiten wegfallen, ist das Leben oft extrem eingeschränkt und finanzieller Zusatzaufwand fällt an. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung würde bei Verlust einzelner Fähigkeiten ggf. aber noch nicht greifen, da auch jemand mit nur noch einer Hand oftmals seinen Beruf noch ausüben kann, auch wenn die zweite Hand (z.B. durch Unfall) verloren gegangen ist.
Was ist eine Grundfähigkeitsversicherung? |
Mit einer Grundfähigkeitsversicherung sichert man also – unabhängig von einer eingetretenen Berufsunfähigkeit – einzelne körperliche oder geistige Grundfähigkeiten ab, für die man bei entsprechender Beeinträchtigung eine finanzielle Entschädigung (Einmalzahlung und/oder Rentenzahlung) erhält.
Typische Grundfähigkeiten, die versicherbar sind |
Gehen können
Treppensteigen können
Stehen können
Sehen können
Sprechen können
Hören können
Autofahren können
Beispiele, wann ein Versicherer in der Grundfähigkeit zahlen würde |
Am Beispiel einer Versicherungsgesellschaft hier einmal typische Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit der Versicherer aus der Grundfähigkeitsversicherung leistet:
Hören: Wenn ein Hörverlust auf beiden Ohren von mindestens 75% eintritt – oder ab 60 dB
Autofahren: Wenn die Fahrerlaubnis aus gesundheitlichen Gründen von der zuständigen Behörde entzogen oder gar nicht erst erteilt wird.
Schreiben: Wer weder mit der rechten noch mit der linken Hand keine 5 Wörter mit je 10 Buchstaben schreiben kann
Arme: Wer den linken oder rechten Arm nicht für mindestens 10 Sekunden in Schulterhöhe abspreizen kann und sich dabei nach links oder rechts drehen kann
Sitzen: Wer nicht mehr für mind. 20 Minuten sitzen kann, - auch dann nicht, wenn die Sitzposition verändert wird oder sich auf den Armlehnen abgestützt wird
Gehen: Wer keine 400 Meter mehr selbstständig gehen kann – auch dann nicht, wenn eine Pause von maximal 1 Minute eingelegt wird
Stehen: Wer nicht mehr 10 Minuten stehen kann, ohne sich abzustützen. Auch dann nicht, wenn die Kopfhaltung verändert wird
Treppensteigen: Wenn man eine Treppe mit 12 Stufen nicht mehr hinab- und hinaufsteigen kann – auch dann nicht, wenn man mindestens 1 Minute Pause macht
Heben und Tragen: Wer einen 2kg schweren Gegenstand mit einem Griff nicht eigenständig anheben und 5 Meter weit tragen kann
Gleichgewicht: Wenn man eine Leiter oder ein Gerüst nicht mehr ohne stark erhöhte Unfallgefahr besteigen kann
Geistige Leistungsfähigkeit: Wenn man aufgrund Mangel an Gedächtnis, Konzentration, Aufmerksamkeit, Orientierung und Handlungsplanung alltagsrelevante Tätigkeiten nicht mehr ausüben kann
Sprechen: Wenn Verständigung nicht mehr möglich ist, weil man keine verständlichen Worte mehr sprechen kann
Ein gesunder Mensch wird all diese Tätigkeiten wie selbstverständlich können. Was es bedeutet, wenn man eine von diesen Grundfähigkeiten nicht mehr kann, wird einem meist erst klar, wenn der Fall eintritt.
Wer nicht mehr stehen kann, kann oft noch auf andere Arbeiten verwiesen werden, sodass eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung nicht greift. Das Leben ist dann aber so eingeschränkt, dass die finanziellen Leistungen aus einer Grundfähigkeitsversicherung für Entspannung sorgen.
Grundfähigkeitsversicherung vs. Berufsunfähigkeitsversicherung |
Wichtig zu wissen: Bei einer Grundfähigkeitsversicherung ist es nicht entscheidend, ob man seinen Beruf noch ausüben kann. Es ist auch nicht entscheidend, ob eine andere Versicherung leistet oder nicht. Entscheidend ist die bloße Unfähigkeit, bestimmte Grundfähigkeiten auszuüben: Dann leistet die Grundfähigkeitsversicherung und sorgt für finanzielle Sicherheit in der Familie.
Wenn man also z.B. weiter arbeitet – ggf. an einem angepassten Arbeitsplatz bekommt man die Leistungen aus der Grundfähigkeitsversicherung zusätzlich zu seinem Gehalt.
Manch Versicherungsnehmer hat Schwierigkeiten, in einer Berufsunfähigkeitsversicherung unterzukommen. Versicherer lehnen z.B. häufig Berufsunfähigkeitsversicherungen ab, wenn der Antragsteller in der Vergangenheit auch nur einmal bei einem Psychotherapeuten war. Aus Angst davor, dass später einer frühe Berufsunfähigkeit wegen Burnout oder Depressionen eintreten könnte, die hohe Zahlungen zur Folge hat.
Bei einer Grundfähigkeitsversicherung wird man häufig auch mit solchen Psychotherapie-Besuchen aufgenommen. Das Aufnahmeverhalten ist von Versicherungsgesellschaft zu Versicherungsgesellschaft unterschiedlich, aber im Grundsatz ist es leichter, eine Grundfähigkeitsversicherung zu bekommen als eine Berufsunfähigkeitsversicherung.Wer keine Lust hat, sich durch viele Gesundheitsfragen bei der Berufsunfähigkeitsversicherung durchzuarbeiten, hat es bei der Grundfähigkeitsversicherung mit oft nur wenigen Fragen häufig leichter.
Was könnte alles eine Grundfähigkeitsversicherung auslösen? |
Man bekommt eine Chemikalie ins Gesicht und kann nicht mehr sehen
Durch einen lauten Knall oder Explosion wird das Trommelfell beschädigt und das Hörvermögen deutlich eingeschränkt
Durch eine Krankheit oder Unfall ist man aber der Hüfte abwärts gelähmt
Bei der Ausübung eines Hobbys kommt es zu einem Unfall, der zu Teillähmungen führt
Durch eine Krankheit tritt eine Knieversteifung ein
Wer manchmal die Beweisführung in Sachen Berufsunfähigkeit schwierig ist, kann das Fehlen von Grundfähigkeiten leicht und an definierten Praxisbeispielen nachgewiesen werden. Die Anspruchsgrundlagen sind klar definiert, sodass im Leistungsfall schnell ausgezahlt werden kann.
Die Zahlung aus der Grundfähigkeitsversicherung ist auch nicht davon abhängig, dass man nachweist, dass man arbeitsunfähig ist.
Die Grundfähigkeitsversicherung ist aufgrund ihrer klar definierten Risiken eine günstige Versicherung, die man dazu einsetzen kann, bestimmte existentielle Risiken abzudecken.
Gerade für Handwerker sollte eine Grundfähigkeitsversicherung existentiell wichtig sein: Ein Dachdecker, der nicht mehr stehen kann oder seine Hände nicht mehr einsetzen kann, steht vor einem existentiellen Problem. Dies sollte er durch einen entsprechende Grundfähigkeitsversicherung abgedeckt haben.
Die Grundfähigkeitsversicherung ist aber nicht nur für Handwerker gedacht, sondern kann auch von Akademikern abgeschlossen werden: Auch ein Akademiker, der sonst vielleicht nur am Schreibtisch arbeitet, kann dies bei Verlust der Treppensteig-Fähigkeit oder Stehfähigkeit vielleicht immer noch tun, wird sich aber schwer tun, zuhause Rasen zu mähen oder in der Maisonette-Wohnung die Stufen zum Obergeschoss zu erreichen. Das Leben bringt im Falle des Verlustes von Grundfähigkeiten oft eine wesentliche Einschränkung mit sich, oft auch im Einkommensbereich.
Ursache für Grundfähigkeitsverlust |
Wesentliches Merkmal für die Grundfähigkeitsversicherung ist es, dass es der Versicherung egal ist, durch welche Ursache der Verlust der Grundfähigkeit eingetreten ist (außer z.B. Selbstverstümmelung). Es ist also unerheblich, ob man den Grundfähigkeitsverlust erlitten hat durch:
Unfall
Krankheit
oder sonstige Gründe
In der Familie ist eine Grundfähigkeitsversicherung bereits für Kinder ab dem 3.Lebensjahr sinnvoll. Aus zwei Gründen:
Kinder haben oftmals noch keine Vorerkrankungen und bekommen schnell eine Police, wenn man diese in jungen Jahren beantragt
Gerade Kinder, die durch einen Unfall oder eine Erkrankung ggf. an den Rollstuhl gefesselt werden, haben es leichter, wenn finanzielle Entspannung im Familienhaushalt dadurch eintritt, dass monatliche Leistungen aus der Grundfähigkeitsversicherung z.B. dazu beitragen, dass es sich ein Elternteil leisten kann, zuhause zu bleiben und sich um das Kind zu kümmern.
Häufige Fälle sind z.B.
Unfallschäden mir Lähmungen
Krebs im Kindesalter
Wer glaubt, Fälle des Verlustes einer Grundfähigkeit sind selten, täuscht sich. In Deutschland leben allein (Stand 2019) rund 7,9 Millionen (!) Menschen mit einer Schwerbehinderung. Das sind 9,5% der Gesamtbevölkerung. Als schwerbehindert gelten in Deutschland Menschen, die einen Grad der Behinderung von mindestens 50% aufweisen.
Bekannte Anbieter für Grundfähigkeitsversicherungen |
Einige der bekanntesten Anbieter für Grundfähigkeitsversicherungen sind:
Canada Life – Grundfähigkeitsschutz Premium
Die Dortmunder (Volkswohlbund) – Plan D
Gothaer Fähigkeitsschutz
Stuttgarter Grundschutz +
Swiss Life – Vitalschutz
WWK – BioRisk GF
Nürnberger – Grundfähigkeitsversicherung Comfort od. Premium
Die Bayerische - ExistenzPlan
Allianz – KörperSchutzPolice
Signal Iduna - VitaLife
Überblick |
Anspruch auf Rentenleistungen aus der Grundfähigkeitsversicherung entsteht, wenn man nach ärztlicher Einschätzung mindestens zwölf Monate lang nicht in der Lage ist oder sein wird, eine der körperlichen Grundfähigkeiten der Stufe A oder drei Fähigkeiten der Stufe B auszuüben – das sehen die Vertragsbedingungen der Grundfähigkeitsversicherer in der Regel vor.
Zu den Fähigkeiten der Stufe A gehören das Sehen, Sprechen, Hören und Gehen, der Gebrauch der Hände und die selbstständige Orientierung. Zur Stufe B zählen das Treppensteigen, Knien und Bücken, Sitzen, Stehen, Greifen, Bewegen der Arme, Heben und Tragen sowie Autofahren. Vor dem Abschluss einer Grundfähigkeitsversicherung prüft der Versicherer den Gesundheitszustand des Antragstellers mit einem Fragebogen ab, gegebenenfalls auch durch Nachfrage bei den behandelnden Ärzten.
Wegen der klar festgelegten Leistungsvoraussetzungen sind Streitigkeiten mit dem Versicherer selten. Trotzdem ist die Grundfähigkeitsversicherung kein vollwertiger Ersatz für einen echten Berufsunfähigkeitsschutz, denn nicht alle möglichen Ursachen für Berufsunfähigkeit, wie beispielsweise seelische Leiden, sind versichert.
Die Grundfähigkeitsversicherung ist aber eine bezahlbare Alternative für alle, die sich einen vollwertigen Berufsunfähigkeitsschutz nicht leisten wollen, denn die Beiträge zum Grundfähigkeitsschutz sind vergleichsweise günstig.
Der Unterschied zur "klassischen" Berufsunfähigkeitsversicherung: Es wird nicht geprüft, ob und inwieweit der Versicherte seinen Beruf noch ausüben kann. Der Versicherer leistet sofort, wenn man infolge von Krankheit oder Unfall bestimmte körperliche Grundfähigkeiten verliert. Aber eine Grundfähigkeitsversicherung ist kein vollständiger Ersatz für eine BU.